ZwischenHeimaten lyrisch

Nicht nur in der Gegenwart, sondern bereits zu Zeiten von Stalin, Chruschtschow oder Breschnew in der Sowjetunion wurde den Sowjet- bzw. Russlanddeutschen pauschal unterstellt, sich nicht loyal gegenüber dem Staat zu verhalten. Diese auf höchster Ebene öffentlich vorgebrachten Vorwürfe zogen Deportationen, Verfolgungen sowie totale Enteignungen nach sich; es folgten Zwangsarbeitslager und Sondersiedlungsregime für beinahe alle Männer und Frauen ab dem Alter von 16 Jahren bis in die Mitte der 1950er-Jahre. Auch heute noch wird diese Bevölkerungsgruppe (selbst nach der massenhaften Übersiedlung, de facto Flucht, nach Deutschland) von verschiedenen politischen Lagern instrumentalisiert und schließlich gern zum Sündenbock für so manche negativen gesellschaftlichen und außenpolitischen Entwicklungen gemacht. Dabei wurde die Bevölkerungsgruppe von den russischen Machthabern bisher nie vollständig rehabilitiert. Entschädigungen für die Deportationen aus den angestammten Gebieten sowie für politische Entrechtung und Enteignungen wurden seitens des russischen Staates weder parlamentarisch beschlossen noch ausgezahlt. Es gibt folgerichtig keinerlei Grund, sich von diesem Staat auf irgendeine Weise vereinnahmen zu lassen. Die große Mehrheit der Deutschen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion tut dies eindeutig nicht! Dies bezeugen einmal mehr sowohl Prosa- als auch lyrische Texte von sogenannten „russlanddeutschen“ Autorinnen und Autoren. Eine auserlesene Auswahl ihrer aktuellen poetischen Texte wird in dieser Lesung zu hören sein. Es lesen Georg Smirnov, Artur Rosenstern und Ira Peter (Moderation).