27. - 30. März 2025 Leipziger Buchmesse
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Handlungsreisende der Kunst

Der Arbeitsaufenthalt als Beitrag zur Erholungsforschung

13:30 - 14:00 Uhr So. 30. März
Veranstalter: Strzelecki Books

Kurzbeschreibung

Philosophischen Reflexionen über das Zusammenspiel von Kunst, Arbeit und Leben.

Beschreibung

Carsten Lisecki: "Der Arbeitsaufenthalt als Beitrag zur Erholungsforschung"
Buchvorstellung, Dia-Nachmittag und Gespräch mit Verlegerin Carmen Strzelecki

Der Diskurs trägt den Titel "Carecki", eine Wortschöpfung, die sich aus der ersten Hälfte ihrer Vornamen und der zweiten Hälfte ihrer polnischen Nachnamen zusammensetzt.
Zu Beginn steht ein historischer Rückblick auf die Tradition der Künstlerresidenz-Karawanen. Ursprünglich brachten reisende Künstler Abwechslung an die Höfe des Adels, der durch eine komplexe soziale Hierarchie kaum selbst arbeitete. Der Adel gilt damit als „Urmutter“ der zeitgenössischen Residency Programme.
Der Autor bewegt sich zwischen Berlin, Westfalen und den Orten, an die ihn Kunstprojekte führen – oft mit fließenden Übergängen zwischen angedachtem Heimaturlaub und Arbeitsaufenthalten. Der Versuch, Arbeit und Leben zu entwirren, ist ein immer wiederkehrender Zwist, der den Stoff vorantreibt.

Während seines Stipendiums im Künstlerdorf Schöppingen hat er dem regionalen Supermarkt K+K eine Installation gewidmet, weil ihm als Kind einmal der berechtigte Umtausch eines Fahrradschlosses verweigert wurde, seine Mutter einen Beschwerdebrief schrieb und eines Abends Herr K und K höchstpersönlich mit einem bußfertigen Gefolge seiner Untergebenen einen Präsentkorb überreichte.

"Am nächsten Tag lief ich barfuß mit offenen Haaren an der Schöppinger Vechte entlang, einem Rinnsal, an dem sich alle Hundebesitzer der Gegend trafen, und schlug den Weg zum Bürgerweg ein. Landschaftlich gilt diese Gegend in Künstlerkreisen als vergewaltigte Natur, eine Handvoll Bäume wurden geschickt stehen gelassen, um von der Aussichtsplattform Schöppinger Blick aus den Eindruck
zu erwecken, es gäbe am Horizont doch noch einen Waldbestand, aber diese geschickte Täuschung, diese Potjomkinschen Bäume, funktionierten nur noch im Blick ästhetisch ungeschulter Betrachter der Landschaft. Am Bürgerweg zeugten prächtige Backsteinhäuser vom Wohlstand der Anwohner, und ich sah einen gestandenen Herrn, der sich um seine Taglilienzüchtungen kümmerte in einem Vorgarten. Sorgfältig goss und setzte er seine Fata Morgana, Lion sleeps Tonight und Paradiesvogel, Apollo Siebzehn, German Romantic Dreams und Anneliese Frewert in Szene. Seine Namenssorten ließ er auch international registrieren. Das Haus wirkte liebevoll restauriert und hatte die Spuren der Jahre nicht einfach wegradiert und übertüncht, sondern herausgearbeitet und edel erscheinen lassen. Sollte dieser Herr der einzige Schöppinger Feingeist sein, den ich neben dem K+K Kassierer bisher unter den Hiesigen getroffen hatte?"

Von der stadteigenen Gelsenkirchener Künstlerresidenz Halfmannshof ging er ins Stadtarchiv und fand den Nachweis, dass sein 1878 Urgroßvater als „Russe“ eingemeindet wurde. Anschließend gönnte er sich ein dickes Eis zum Dumping Preis von 50/ct pro Kugel im Bochumer Eiscafé Monika, um die neuen Nachrichten zu verarbeiten.

Die Region Niederrhein drängte ihn, sowohl Wallfahrtsorte als auch persönliche Pilgerstätten wie das Grotenburg Stadion, sizilianische Restaurants oder das Foyer der Sparkasse Krefeld, in dem sein Vater als Pensionär gerne verweilte, in seine Erzählung einzubeziehen.

Carsten Lisecki erzählt von den Skurrilitäten als Handlungsreisender der Kunst und produziert angewandte philosophische Betrachtungen über Gesellschaft, Institutionen und Hierarchien.

Moderation

Mitwirkende

Informationen zum Programm

Veranstaltungsort

Forum Literatur Halle 5  (Halle 5, Stand K602)

Aussteller