Messen im Wandel der Zeit

Heute ist weitgehend in Vergessenheit geraten, dass Messen im vormodernen Europa eine entscheidende Rolle für Handel und Finanzen spielten. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit bemühten sich viele Städte, ein Messeprivileg zu erhalten und möglichst viele Kaufleute anzuziehen. Durch die wirtschaftlichen Aktivitäten und die bereitgestellte Infrastruktur entstand nach und nach eine überregionale räumliche Konfiguration, die nicht nur aus Orten innerhalb einer Region, sondern aus ganz Europa und in einigen Fällen aus der ganzen Welt bestand.
Die Beiträge in diesem Band basieren auf einem von der französischen Agence Nationale de la Recherche und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gemeinsam finanzierten Projekt, das sich hauptsächlich auf Messen und Städte in Frankreich, dem Heiligen Römischen Reich und Italien konzentrierte. In chronologischer Hinsicht decken sie den Zeitraum vom Ende der Messen in der Champagne (ca. 1320) bis zum Erfolg der Messen in Besançon (ca. 1580 bis 1630) ab, die einen neuen Typ von Messe (Wechselmessen) verkörperten. Der geografische Schwerpunkt wurde erweitert und umfasst nun auch Messen und Handelsrouten in Osteuropa und China (Tempelmessen). Diese Gesamtschau ermöglicht es erstmals, die Funktionen der verschiedenen Marktformen in ihrem regionalen Kontext und in ihrer Entwicklung zu analysieren: vom Warenaustausch über den Kreditmarkt bis hin zur Finanzierung der Staatsschulden, aber auch die tiefe Integration der Handelskultur in die Stadt- und Religionskultur.
Basierend auf Archivstudien und der Integration von Artefakten, Grafiken und Karten bietet dieser Band einen neuen Blick auf die Geschichte der Jahrmärkte und Messen. Neben funktionalen Aspekten werden auch raumzeitliche Aspekte wie Streitigkeiten über Messetermine, Besuchsrhythmen, Warentransport und Routen (zu Land und zu Wasser) behandelt. Kreditaktivitäten, Warentransport und Mobilität von Händlern, Handelsfamilien und Unternehmen weisen auf die hochentwickelte transnationale Dimension des vormodernen Handels hin. Der Band schließt mit einer Vorstellung der Projektdatenbank, ihrer Funktionalitäten und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.

Nach einer thematischen Einführung von Prof. Dr. Markus A. Denzel (Universität Leipzig) wird Prof. Dr. Susanne Rau (Universität Erfurt) das Buch „Fairs, Cities and Merchants“ vorstellen. Prof. Dr. Jean-Louis Gaulin (Université de Lyon) wird das Thema mit einem Kurzvortrag unter dem Titel „Auf dem Weg zur Messe“ vertiefen. Im Rahmen der abschließenden Diskussion wird Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe GmbH, einen Blick auf die heutige Leipziger Messe beisteuern.