Rabensingen und verschlissenes Idyll

In den Debüts von Marit Heuß und Anna Zepnick erleben wir zwei faszinierende und zugleich sehr eigenständige lyrische Stimmen. Anna Zepnick gelingt es, Alltagsszenen mit Poesie aufzuladen. Ihr Ton ist frei von Pathos, zuweilen ironisch, sprachlich geschärft. Sprichwörtliches wird aufgegriffen, variiert und trägt zur Bereicherung der dichterischen Sprache bei. Hinzu kommt eine Liedhaftigkeit, die nicht zuletzt aus der Biografie der Musikerin resultiert. Anna Zepnick wurde 1970 in Dresden geboren, studierte Musik und arbeitet als Klavierpädagogin und Yogalehrerein. - In den Gedichten der Lyrikerin Marit Heuss eröffnet sich über eine Zwiesprache mit der Literatur- und Kulturgeschichte ein historischer Raum, aus dem mythenhafte Gestalten auf überraschende Weise in die Gegenwart sprechen. So schwingen reale Szenerien ins Imaginäre um, wird aus dem Landschaftsbild ein Geisterblues oder: verschlissenes Idyll. Ihre Gedichte sind zugleich Gedächtnisspuren erlebter Landschaft. Sie nehmen in Zerklüftungen, Verschiebungen oder Störungen zwischen Mensch und Natur ihren Anfang. Marit Heuß wurde 1984 in Sachsen geboren und studierte Germanistik und Kunstgeschichte in Dresden und Leipzig, wo sie in neuerer deutscher Literatur promovierte.